Montag, 1. Juni 2020

Vom Mittelpunkt Bayerns zum Mittelpunkt Berlins

Um 4 Uhr morgens ist es bereits hell und die Tierwelt erwacht. Das ist ein Geschnatter, Gekreische, Gequake und Geschrei fast wie im Regenwald, auch wenn es hier keine Affen gibt. Bis um 7 bleib ich noch liegen, dann ist es Zeit für ein kurzes Morgenbad - brrrr. Mein Stromwerk hat seine Befestigung verloren, also muss Isolierband her. Hab zum Glück eine Rolle eingepackt. Um 8:30 sitze ich wieder im Sattel.
Ob ich ein gutes Rad habe? wurde ich gefragt. Also bis jetzt hat es seinen Dienst wunderbar versehen. Ich sollte der Kette vielleicht mehr Aufmerksamkeit gönnen, aber bislang hat sie mir noch nichts krumm genommen.
Kerzengerade führt ein meist gut asphaltierter Radweg neben der Straße Richtung Berlin. Im Schatten ist es noch ein wenig frisch, aber in der Sonne sehr angenehm. An der Straße warten Spargel- und Erdbeerverkäufer auf : Kundschaft - gute Idee: ein Körbchen frische Erdbeeren für meine Gastgeber, in der Hoffnung, dass sie bis Berlin nicht vermatscht sind.

Zum zweiten Frühstück kehre ich bei Peter und seiner Frau ein, Bekannten aus meiner Posaunenchor-Tätigkeit. Wir tauschen fröhliche Geschichten aus, dann breche ich wieder auf. Alexanderplatz? Was ist daran besonders? Aber vielleicht bin ich ja Banause. Viel Polizei. Ich komme an einem Stückchen alter Mauer vorbei und fotografiere. Ein freundlicher Taxifahrer hilft mir dabei und erklärt, dass ich hier genauen im Mittelpunkt Alt- Berlins bin! Und ich komme ja vom Mittelpunkt Bayerns - lustig. Ich bin kein großer Städteanschauer, genieße nur, was mir über den Weg läuft. Z.B. bemalte Hauswände oder die Wurstbude in einer Lücke der Mauer. Currywurscht mit Pommes natürlich!

Raus aus Berlin. Das zieht sich! Fast überall sind Radwege aber auch Ampeln. Selbst als Fahrradfahrer muss ich hier häufig anhalten. Die Wegequalität läßt langsam wieder nach, ein ständiges Auf und Ab durch Einfahrten, Schlaglöcher und Baumwurzeln, ist ja nichts Neues. Ich hatte Mal Fahrräder kennen gelernt, die durch Auf- und Abbewegung des Sattels bei fixen Pedalen funktioniert haben. Die müßten doch hier wie ein Perpetuum mobile funktionieren?

In Eichenwalde hab ich meine Pflichtkilometer erreicht. In der nächsten Stunde hoffe ich auf ein nettes Schlafplätzchen. Irgendwas scheint sich im Rad verfangen zu haben, es scheuert so seltsam. Anhalten, schauen, nichts zu sehen.. aber zu hören! Oder doch nicht? Es gibt so viele Nebengeräusche. Schnell die nächste Tankstelle googeln, aber schon nach wenigen Metern ist Schluss. Platt!! Oh je, das ist nicht einkalkuliert. Abpacken, Rad auf den Kopfstellen, Hinterrad raus, keine Rücksicht auf Schmutz. Eine Mischung aus klebrigem Asphalt und scharfen Steinchen klebt im Profil, dort finde ich auch das Loch im Schlauch.
Flickzeug hab ich dabei. Eine noch verschlossene große Tube Kleber, die nach dem Öffnen erstmal nur Luft von sich gibt. Bis sie fast leer ist. Sch...! Dann kommt doch noch ein Batzen zähe Masse...ob das funktioniert? Ich frage ein vorbeikommendes Päärchen, wo die nächste Tanke ist, wegen Luft. Nach kurzem Ratschlag meinen sie, etwa 3 km in eine andere Richtung. Das Herz rutscht mir in die Hose, ich habe zwar eine Luftpumpe dabei, aber genug Druck bekomme ich damit nicht auf den Reifen. Das Päärchen wohnt in der Nähe und hat zu Hause einen kleinen transportablen Kompressor, den würden sie holen, wenn ich warte. Wow, welche Freundlichkeit! Ich traue meinem Flickwerk nicht recht und schmiere noch etwas Kleber um den Flickenrand. Dann bekommt der Mantel innen noch ein Stück Klebeband, weil die Karkasse eingerissen ist. Und schon ist der Kompressor da! Ruckzuck ist der Reifen prall - herzlichen Dank und tschüss! Zusammenpacken und dann trotzdem zur Tanke fahren zum Luft kontrollieren. Als ich in die Tanke einrollen ist tatsächlich wieder platt. Flickzeug haben sie leider nicht zu verkaufen. Also nochmal von vorn; und das letzte bisschen Kleber vorsichtig verstreichen. Sorgsam andrücken und im Scheibenwascheimer prüfen - sieht gut aus. Drückt die Daumen. Zusammenbauen, Luft reinhauen, Hände waschen und hoffen. Der Fahrradladen in der Nähe, der einen Ersatzteilautomaten haben soll, wird grad umgebaut - kein Automat. Ich bete, dass meine zweite Reparatur hält - ich mach fast immer alles 2 mal.

17:30 Schluss für heute, habe die Faxen dicke. Die kommenden paar km versprechen kaum ein brauchbares Zeltplätzchen, also versuche ich mal, ob man mich hier nicht vertreibt. Überall sind die Ufer zu den Seen oder Flüssen zugebaut, nur hier zwischen Schmöckwitz und Zeuthen ist eine kleine Wiese mit Bootsanleger Steg. Park wäre heftig übertrieben, aber es gibt immerhin EINE Bank. Ich bin gespannt, wie ich die Nacht verbringen werde.
Ein Storch fliegt vorbei, ganz tief. Als er das Wasser streift gibt er nochmal Gas, damit er auch über die Boote hinweg kommt. Entweder ist er jung und lernt gerade erst fliegen, oder er ist flügellahm.








Teil 1
Teil 2

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