Montag, 8. Juni 2020

Das Ende

Es hat heut Nacht ordentlich geschüttet! Morgens scheint die Sonne, aber es reicht nicht, um das Zelt ganz zu trocknen.
Um 9:52 Uhr geht ein günstiger Zug. Ich bin frühzeitig dran, vielleicht kann ich auch den 8:52 Zug nehmen? Aber der kostet fast 20 € mehr... Eine gute Lösung ist das Pauschalticket, das erst ab 9 Uhr gilt, und die Strecke bis 9 Uhr extra zu bezahlen. Zusammen mit dem Fahrradticket komme ich dann auch auf stolze 56 €. Just in time steige ich ein, der Einstieg ist ebenerdig, aber das Fahrradabteil leider schon voll. Irgendwo quetsche ich mein Rad dann doch hin. Die Fahrkartenkontrolleurin um Viertel nach neun kam schon angefressen daher und konnte nur meckern. Das Ticket wäre nicht gültig, weil erst ab 9 Uhr und ich hätte meinen Namen nicht eingetragen, weil in der Zeile verrutscht...die Bahn hat ihren guten Ruf nicht umsonst.
Umstieg in Hof - jetzt bin ich in Bayern. Der Lift in die Unterführung nimmt mein Fahrrad nur nach Millimeterarbeit und eingeschlagenen Lenker auf, noch jemand passt nicht mehr rein. Kein Tischen und keine Steckdose mehr im Zug. Immerhin zeigt mir ein junger Mann den fast stufenlosen Einstieg für Fahrräder. Der repariert jetzt während der Fahrt seinen Platten.
Der Bahnhof in Schwandorf hat gar keinen Lift, mir graut. Hinunter geht ja noch, hinauf entdecke ich eine Art Paketband. Das hilft aber nichts, ich muss das Rad trotzdem hochtragen. Nun noch im Supermarkt vorbei und dann um 13:30 Uhr im Zickzack Richtung Radweg. Dorthin führen nur Umwege oder dünne Striche auf meiner Karte. Zu Beginn ist dieser Strich noch ein guter Feldweg, dann in der Mitte begrüßt und nun scheint er an einer Wiese zu enden. Mein Rad "fühlt" aber noch eine Spur, also trete ich mutig in die Pedale und wir brechen durch hüfthohes nasses Gras und Brennnesseln. Unversehrt, nur etwas nass, kommen wir drüben auf dem Radweg raus.

Ein schöner Asphaltweg entlang der Naab mit furchtbar vielen Mücken. Bald schon entfernt sich der Weg vom Fluss und folgt nun immer häufiger der Straße bzw. verläuft auf der Straße. Manchmal sind die auch stark befahren. Und dann gibt's zwei heftige Bergeinlagen - der Weg verläuft ja gar nicht im Tal!? Das hatte ich mir anders vorgestellt. Und links vor mir hängen rabenschwarze Regenwolken.

Um halb vier bin ich in Kallmünz. Das war eigentlich mein Ziel für heute. Dann irgendwo zelten und noch knapp 2 Tage heimradeln. Ich mache eine Vesper- und Verschnaufpause. Der Hintern schmerzt wieder, der Bauch grimmt, die schwarzen Wolken kommen näher, es wird kalt...die Stimmung ist am Boden. Ich geb auf und rufe den Rettungsdienst. Kathi wird mich mit dem Amarok abholen. Wohl dem, der so eine tolle Tochter hat.
Bis dahin fahre ich ihr noch ein Stück entgegen. Natürlich verläuft der Radweg jetzt fernab der Straße auf der anderen Seite der Naab. Romantisch am Fluss entlang und fast ohne Mücken. Über weite Strecken gibt es keine Brücke über den Fuß, also beschließe ich, mich an der nächsten Brücke abholen zu lassen - die ist in Pielenhofen.
Hier ist also das unrühmliche Ende meiner Corona-Radtour. Immerhin hab ich mit dem Rad etwa 1250 km zurückgelegt. Und ein Stück Bahn.

Verlust: 21 Tage Stubenhocken, 1 Schraube, je 1 Taschentuch, Unterhose, Sturmhaube. 2 Gummi-Befestigungsringe, Luft (aus dem Reifen), Knieschmerzen und ca. 5 kg Speck

Gewinn: 3 Wochen Freiheit, frische Luft, emotionale Höhen und Tiefen, etwas Kondition, jede Menge Abwehrkräfte, Fitness, Glücksmomente, ein paar Muskeln.

Fazit: KANN man machen, MUSS man aber nicht. Ich möchte die Erfahrung nicht missen, freu mich aber wieder auf meine Lisl.







Der Rest

Sonntag, 7. Juni 2020

Dresden

8:40 Uhr. Das Zelt ist schon abgebaut und alles eingepackt. Nach der Morgengymnastik geht's los. Um 7 Uhr hat eine Frau ihren Hund auf dem Trampelpfad Gassi geführt. Der hat mich im Zelt vermutlich gehört und natürlich gebellt, wofür sich die Frau entschuldigt hat. Aber das ist doch sein Recht? Etwas später rief mir eine leise Joggerin zu "nicht erschrecken". Sind die Leute hier rücksichtsvoll!!
Der Schlafsack hat ein paar Tröpfchen Regen abbekommen, das Zelt auch, aber nicht der Rede wert. Der Himmel ist bedeckt, es hat nur 14 Grad, fühlt sich aber irgendwie schwül an. Immer wieder regnet es leicht, zu wenig für die Regenjacke, zuviel um trocken zu bleiben.
In Kamenz muss ich Geld tanken, ein Automat steht direkt am Weg.

In der Ferne werden Berge sichtbar und das bekomme ich schon bald zu spüren. Bin ich endlich einen langen Anstieg hochgekeucht, dann geht's gleich wieder runter, um sofort wieder die nächste Steigung zu präsentieren. Können die nicht einfach die Straße oben weiterlaufen lassen? Nicht sehr radlerfreundlich! Besonders dumm, wenn bergab Pflaster oder Kies der Untergrund ist, da kannst Du es nicht laufen lassen, um den Schwung mitzunehmen. Auch wenn ausgerechnet im Tal der Radweg die Straßenseite wechselt oder überhaupt erst beginnt - natürlich mit enger Kurve und Bordstein. Ansonsten muss ich relativ viel auf öffentlicher Straße fahren, rumeiern oder -schieben. Die sind teilweise recht viel und schnell befahren. Warum legen die die Straßen eigentlich kerzengerade über Berg und Tal und folgen nicht in Kurven den Tälern?
Mittlerweile habe ich doch die Regenjacke an. Kurz nach Mittag bin ich schon in Radeberg. Aber es liegen ja immer noch Berge vor mir. Die Regenjacke habe ich wieder ausgezogen weil ich darin sehr geschwitzt habe. Jetzt geht's abwärts und mir wird wieder kalt. Da ist noch ein Schloss "Kloppenstein" zu besichtigen und dann suche ich in der kleinen Innenstadt ein Restaurant. Trotz warmem Essen friere ich vor mich hin. Das ändert sich erst am nächsten Berg.

Aber auch die "schlimmen" Straßen gehen vorbei. Ein guter Waldweg (Einfahrt verpasst) führt durch die Dresdner Heide im Tal der Priesnitz durch einen Märchenwald. Dunkel, dichte riesige Bäume, ein Bächlein, das ab und an von umgefallen Bäumen gebremst wird und märchenhafte Brücklein. Das gefällt mir. Trotz miesen Wetter sind leider Heerscharen von Wochenendausflüglern unterwegs, zu Fuß oder mit dem Rad. Darum ist mir gar nicht nach fotografieren.
Nach einem letzten langen Anstieg geht es nur noch abwärts nach Dresdens Innenstadt. Im Anschluß an den leicht sandigen Waldweg kommt ein miserables Stück 30 cm-Betonplattenweg Downhill; mein armes Rad: es polterte und scheppert, ich habe Angst, dass jederzeit ein Reifen den Geist aufgeben könnte.
Bereits in den Vororten springen mich die Kirchen an. Durch die Altstadt erreiche ich die Elbe von Norden. Hier gibt es jede Menge unterschiedlichster, internationaler Lokale, spannend, heimelig, teilweise unheimlich. Aber das Flair gefällt mir.

Um 16:30 sitze ich in einem Cafe und lasse den Tag revue passieren. Frauenkirche und Semperoper habe ich von außen angeschaut und fotografiert - hinein gehe ich nicht. Warum? Mein Fahrrad könnte inzwischen ja geklaut werden. Es kostet Eintritt. Man muss die verhaßte Maske tragen. Alles gute Ausreden. In Wahrheit bin ich Kulturbanause, es interessiert mich halt nicht.

Mein Zeltplätzchen in einem privaten Garten ist ca. 6 km von hier, wir haben uns für 18 Uhr verabredet. Ich melde mich kurz vor Ankunft bei Sten und als ich in die Straße einbiege, sehe ich ihn schon den Wasserkanister schleppen. Ein großer Gemeinschaftsgarten wartet auf mich und das Zelt  Wasser habe ich ja bekommen und im hintersten Winkel gibt es ein Plumpsklo - alles da, was ich brauche. Perfekt!









Die Strecke