Montag, 25. Mai 2020

Tippelskirchen

Ich habe einen neuen Plan: ich werde auf dem Saaleradweg bleiben, bis zur Elbe, und dann auf den Elberadweg wechseln. Das spare ich mir hoffentlich einige Höhenmeter, auch wenn der Weg länger ist.
Und auf dem Heimweg werde ich ab Dresden noch eine Zugfahrt, den Berg hinauf, einbauen.

Gestern Abend konnte ich noch meine Satteltasche reparieren, indem ich eine Schraube von einer unwichtigen an eine wichtige Stelle versetzte.

Ab 3 Uhr herrscht Vogelgebrüll und pünktlich zur Aufstehzeit fängt es an zu regnen.
Kurz vor 8 Uhr bereits sitze ich auf dem Bike. Es weht ein kalter Wind, das Thermometer zeigt 12 Grad. Schwarze Wolken hängen bedrohlich tief am Himmel, die Straße ist naß, aber von oben kommt praktisch kein Wasser. Und das bleibt auch den ganzen Tag so. Rad und Wanderwege sind wie leergefegt.
Der Weg führt am Saalrufer durch herrliche alte Baumbestände, einige Bäume haben sicher mehr als 1m Durchmesser. Es gibt aber auch Hohle oder Baumgerippe. Eine herrliche Landschaft!
In Alsleben gibt es Frühstück aus dem Supermarkt. Dabei verpasse ich wohl die richtige Abfahrt und keuche den Berg hoch. Bei nächster Möglichkeit wende ich mich wieder dem Fluss zu, aber den korrekten Weg finde ich nicht. Immerhin gibt es einen (Erd)weg, er verläuft an der Saale und man "kann" ihn mit dem Rad fahren. Bald bin ich aber wieder auf dem richtigen Asphaltweg, entlang flachem, veralgtem und schilfigem  Altwasser.
Fernab von Corona und allen Aufpassern trolle ich mich durch den deutschen Urwald. Freiheit!

Bernburg. Mir genügt der Blick von unten auf das imposante Bauwerk.
Während ich so stehe und schaue, kommt eine junge Mutter mit schwerem Gepäck angeradelt. Dahinter ein kleiner Junge, sieht aus wie 4, ist aber 6, dessen Rädchen auch mit Satteltaschen und einer Gepäckrolle (sind nur die Isomatten) bestückt ist. Den Papa haben sie anscheinend verloren. Ich erfahre, dass die junge Familie immerhin 20 km am Tag mit dem Knirps schafft. Und dass die Campingplätze zwar geöffnet sind, die sanitären Anlagen aber geschlossen, und man deswegen mit dem Zelt nicht übernachten darf! So eine verkehrte Welt!!!

Durch Nienburg irre ich ebenfalls verloren und muss ein ganzes Stück zurück. Da der Radweg ja allen Flussschleifen folgt, ist unsere Strecke heute ohnehin schon länger als der direkte Weg. Keine Möglichkeit auf ein warmes Mittagessen. Endlich finde ich ein Bushäuschen, in dem ich mich vor Wind und leichtem Nieselregen etwas schützen kann. Es gibt eine alte Semmel vom Samstag mit vertrockneten Radieschen, dazu vermatschte Tomaten. Ich schlotterte und friere vor mich hin. Ich bin glücklich über meine Freiheit!

Die Saale verläuft sich jetzt in einem großen Delta. Ebenso der Radweg. Viele verschiedene Wege führen irgendwo hin. In Tippelkirchen folge ich der Ausschilderung nach Calibe. Nach längerer Strampelei Ende ich an einer Straßenbaustelle direkt an der Saale. Da muss ich rüber - drüben bin ich fast schon in Calibe. Aber...die Fähre hier sieht nicht aus, als ob sie heute überhaupt noch fährt. Also tippel ich zurück, mit der Kirche ums Dorf Tippelskirchen.
Ab jetzt führt die Strecke fast immer auf Straßen, selten mit Radweg. Der Verkehr wird immer dichter und schneller. Calibe scheint eine Geisterstadt - geschlossene oder verlassene Geschäfte in der Innenstadt. Keine Verpflegungsmöglichkeit.

Betonwege führen mich endlich abseits der Hauptstraßen, vorbei an romantischen Ententümpeln mit viel Schilf Richtung Schönbeck, kurz vor Magdeburg.
Darauf habe ich den ganzen Tag gewartet: einen warmen Kakao! Endlich gefunden... habe ich ein kleines Café in Schönebeck.

Mein Tagespensum hab ich schon lange erreicht, aber am Nachmittag gab's nur Straßen, viel Verkehr, geschäftelose Käffer oder ausgestorbene Innenstädte. Morgen führt der Weg im Bogen um Magdeburg herum, also ist hier die letzte Verpflegungsmöglichkeit. Es ist kuschelig warm im gemütlichen Raum. Für Kakao und Käsekuchen lasse ich zwar 10 € liegen, dafür habe ich aber auch ein geladenes Handy, gefüllte Wasserflaschen und eine gewaschene Unterhose...bevor mir die Augen zufallen raffe ich mich nochmal auf.
Über die Elbe! Und dann die nächste Zeltmöglichkeit. Der Radweg führt auf dem Damm entlang. Als alle Schrebergärten hinter mir liegen finde ich am Deichfuß ein lauschiges Plätzchen mit Toilettenbusch. Erholung!







Teil 1
Teil 2


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