Ich bin dankbar für diesen sonnigen blauen Morgen.
Ich bin dankbar für eine Tag ohne Regen.
Ich bin dankbar für meine Freiheit!
Ich bin dankbar, dass ich mit meinem Rad so unabhängig sein kann.
Ich bin dankbar für meine Gesundheit und Fitness.
Ich bin dankbar, dass ich frei entscheiden kann, ob ich mich in familiäre Angelegenheit einmische oder nicht.
Ich bin dankbar für meine Freunde!
Nach langem ausschlafen bin ich heut erst kurz vor 9 startbereit. Angeblich folgt meine Route jetzt der Straße, darauf habe ich aber keine Lust. Die Karte verzeichnet mit dünnen Strichen alternative Möglichkeiten. Es stellt sich als gut befahrbarer Betonwege hinterm Deich heraus. Auf den ersten 10 km begegnen mir außer einer riesigen Schar Kreischvögel, einem Reh und einem Hasen keine Lebewesen. Nach einem kleinen Umweg, weil ein Schäfer dem ganzen Deich für seine Schafe gesperrt hat, treffe ich wieder auf den offiziellen Elberadweg. Hier steht ein nagelneuer Aussichtsturm des NaBu. Kurz danach ein kleiner Anstieg auf denn Damm mit einem wunderbaren Ausblick auf Seen, Schilf und Urwald des Naturschutzgebietes. Ich liebe die hier weitverbreitete Mischung von Kiefern, Birken und Eichen! Neben mir schnacken 2 ältere Herren und beziehen mich ein. Sie trennen sich und alsbald kommt ein neuer hinzu. Ich erfahre einiges aus ihrem Leben, überlasse sie aber auch gerne wieder ihrem Smalltalk.
Tangermünde! Ein schöner Anblick, wenn man von Süden kommt. Ein Schoß, Kirche, Speicher und andere Bauten aus immer den selben roten Backsteinen. Der Hafen ist großzügig und hübsch angelegt, 2 Ausflugsboote liegen vor Anker. Das Hafencafé ist leiden noch geschlossen. Der Abstecher in die Innenstadt lohnt sich, obwohl ein kurzer Anstieg über größtes Pflaster nötig ist. "Pflaster" ist eigentlich der falsche Ausdruck: ein Haufen großer Kieselsteine, die auf einigermaßen gleichem Niveau verlegt und mit Sand verfüllt sind.
Es ist zwar erst 11 Uhr, aber mangels anderer Gelegenheiten nehme ich hier ein Pizzabrot zu mir.
Ich habe mich entschieden, den Weg auf der anderen Elbeseite weiter zu verfolgen. Ich glaube, das war keine so gute Entscheidung. Mehrfach ist der Weg gesperrt, auch großräumig - dummerweise erfährt man davon erst an der Sperre. So fahre ich heute viel zick-zack und vermutlich 20 km Umweg. Dennoch muss ein Abstecher zu einer aus der Ferne winkenden Tankstelle sein: frisch belüftet fühlt sich die Fahrt nun beflügelt an, auch wenn darunter der Federungskomfort noch weiter leiden muss. Aber vielleicht ist das ja auch nur Einbildung.
Ein Badeweiher mit Liegewiese und Bänkchen lädt ein, dem müden Körper eine kleine Pause zu gönnen. Mangels Badeanzug reicht das Bad nur bis zum Bauchnabel, aber auch das tut gut. Ich trage übrigens ein tolles Funktionsshirt mit Merinowolle, in dem man nicht friert, schwitzt oder stinkt.. sagt der Hersteller. Also trage ich es weiter. Hier wäre auch ein toller Übernachtungsplatz, aber es ist ja noch zu früh.
Der nächste Abschnitt führt über einen Truppenübungsplatz. Linker Hand ein großer grün-brauner See mit Seerosen.
Havelberg kommt einfach nicht näher! Ich eadle und strample...und - stehe vor einer weiteren Baustelle! I mog nimmer... In Trance versunken treten die Beine in der Hitze auf dem Radweg neben der Straße. Bis wieder mal - bums - eine Wurzel aus dem Boden schießt und mich aus meinen Träumen rüttelt.
20 vor 5 Uhr: das Ortsschild von Havelberg, yeah! Enttäuschung: wieder mal keine Einkaufsmöglichkeit am Weg. Grobes Pflaster. Und die Linie auf der Karte, die ich mir als Radweg an der Uferpromenade vorgestellt habe, ist nur ein Wiesenstreifen zwischen Gärten und Havel. Querfeldein. Keine Zeltmöglichkeit. Hat sich Klein-Susi wieder mal zu romantisch vorgestellt. Aber es kommt noch dicker: der nächste Nicht-Straßen-Abschnitt ist ein tiefsandiger Waldweg! Wo ich dich eh schon keine Kraft mehr habe.
Gut 1/2 Stunde später erst hab ich einen Schlafplatz gefunden. Völlig unromantisch zwischen Straße und Schrebergärten unter ein paar Kiefern. Ich habe übrigens einen sehr ausdauernden Reisebegleiter seit daheim: jeden Abend begrüßt mich der Frechdachs mit "Kuckuck, ich bin schon da!"
76 km waren das heute - 50 km war eigentlich der Plan! Ich bin fertig! Für mögen droht Straßenfahrt ohne Radweg...
Die Tagestour
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